swissPSD® – Die Zertifizierung für den digitalen Produktionsdruck

Seit vielen Jahren ist die Zertifizierung nach swissPSO® basierend auf der Internationalen Norm ISO 12647-2 für den Offsetdruck in der Druckindustrie etabliert. Doch der Digitaldruck gewinnt mehr und mehr technologisch als auch wirtschaftlich an Bedeutung und erreicht grössere Marktanteile im kleinen und mittleren Auflagenbereich. Fast alle Druckereien bieten daher heute auch ergänzend Produkte an, welche in einem Digitaldruckverfahren produziert werden.

Die Weiterentwicklung der digitalen Druckverfahren der vergangenen Dekade zeigt: der Digitaldruck hat sich etabliert und ist technologisch nicht mehr wegzudenken. Werbetreibende und Drucksacheneinkäufer bestellen heute ihre Kommunikationslösungen in einem webbasierenden Shop bedarfsorientiert und just-intime. Die Qualität der digital produzierten Drucksachen hat sich soweit angenähert, dass sie selbst von fachkundigen Personen nur schwer vom Offsetdruck zu unterscheiden ist. Eine von Kunden akzeptierte farbliche Übereinstimmung zwischen Digital- und Offsetdruck lässt sich mit Hilfe von modernen Farbmanagementlösungen sowie Prozessanpassungen weitestgehend gut erreichen. Demzufolge hat sich auch in den Normengremien der ISO/TC 130 einiges getan. Der unter der Federführung der Fogra entwickelte ProzessStandard Digitaldruck (PSD) wurde folgerichtig in der Arbeitsgruppe WG 3 zur international gültigen Technischen Spezifikation weiterentwickelt. In der Normenreihe ISO/TS 15311 (vgl. Tabelle) sind die verschiedenen Anforderungen an den digitalen Produktionsdruck als Technische Spezifikation standardisiert und veröffentlicht worden. Darauf aufbauend bietet nun die Ugra eine weitere ergänzende Zertifizierung im Rahmen ihrer ugraCert® Dienstleistungen an. Die swissPSD® Zertifizierung ergänzt die seit vielen Jahren bestehende swissPSO® Zertifizierung der Ugra für Druck- und Medienunternehmen.

Tabelle: Normen und Spezifikationen für den Digitaldruck und die swissPSD® Zertifzierung

ISO Normen/Technische Spezifikationen für den Digitaldruck
ISO/TS 15311-1:2020
Grafische Technik – Anforderungen an Drucksachen für die gewerbliche und industrielle Produktion - Teil 1: Messverfahren und Berichtsschema
ISO/TS 15311-2:2018
Grafische Technik – Anforderungen an die Druckqualität von Druckerzeugnissen - Teil 2: Kommerzielle Druckanwendungen unter Verwendung digitaler Drucktechnologien
ISO 15930-7:2010
Grafische Technik – Digitaler Datenaustausch der Druckvorstufe mit PDF - Teil 7: Vollständiger Austausch von Druckdaten (PDF/X-4) und teilweiser Austausch von Druckdaten mit externem Profilbezug (PDF/X-4p) unter Verwendung von PDF 1.6
Anmerkung: weitere Normenteile bei Bedarf anwendbar
ISO 3664:2009
Grafische Technik und Fotografie – Betrachtungsbedingungen

ISO/TS = Technische Spezifikation

Die ISO/TS 15311-1 (Teil 1) beschreibt zunächst Begriffe, Parameter und Messmethoden, welche konkret für den Digitaldruck, aber prinzipiell auch für andere Druckverfahren anwendbar sind. Die ISO/TS 15311-2 (Teil 2) beschreibt die Anforderungen an den kleinformatigen Produktionsdigitaldruck. Das Dokument definiert jedoch keine Zielwerte und Toleranzen für die Prozesskontrolle, da die verschiedenen digitalen Druckverfahren und Maschinen sowie die Vielfalt an Materialien wie Bedruckstoffe, Tinten und Toner die Komplexität enorm steigern würden. Im standardisierten Digitaldruck wird vielmehr der Ansatz verfolgt, eine Qualitätsanforderung zwischen Auftraggeber und Druckdienstleister zu vereinbaren. Der zertifizierte Druckdienstleister soll hierbei gewährleisten, dass die folgenden drei Aspekte sichergestellt sind:

  • Ausgabeabsicht, d.h. Verifikation der Druckbedingung;
  • Ausgabeprozess (Workflow), d.h. definierte Schnittstellen und Prozesskontrollen;
  • Auflagekonstanz, d.h. präzise und stabile Farbwiedergabe.

Eine besondere Bedeutung erhält hierbei das Daten- und Farbmanagment auf Basis des eingesetzten PDF/X-Workflows. Zu diesem Zweck wird gegenwärtig auch die Visual Print Reference (VPR) mit dem Anwendungszweck des Digitaldrucks durch die Projektpartner weiterentwickelt und im Laufe des Jahres publiziert. Neben Wide Gamut-Bildern soll zukünftig auch eine Technische Testform zur Prüfung des Workflows enthalten sein. Des Weiteren werden die Kompetenzen des Betriebspersonals bezüglich Datenprüfung, Farbtransformation und Datenverarbeitung auf Basis der PDF/X-Standards geprüft. Verfügt ein Betrieb bereits über bestätigte Zertifizierungen von PDFX-ready (Creator, Output, Expert), so werden diese im Rahmen der Ugra-Zertifizierungsprogramme anerkannt. Andernfalls erfolgt die Prüfung im Rahmen der Zertifizerungsaudits.
Die swissPSD® Zertifizierung kann entweder als einzelne Zertifizierung oder als integrale Kombizertifizierung durchgeführt werden. Die Kombizertifizierung gilt für Unternehmen, welche bereits eine gültige swissPSO® Zertifizierung erfolgreich absolviert haben und erfolgt dann in Kombination entweder am Rezertifizierungs- oder
an einem der beiden Aufrechterhaltungsaudits. Die einzelnen Zertifizierungsprogramme (vgl. Abbildung) sind so gruppiert, dass sie entlang der Wertschöpfungskette angewendet werden. Zielgruppe des Zertifizerungssystems sind im Wesentlichen Produktionsagenturen, Betriebe der Druck- und Medienvorstufe sowie Druckereien. Jedoch können sich auch Buchbindereibetriebe gemäss der einzelnen anwendbaren Zertifizierungsprogramme zertifizieren lassen. Nur die zertifizierten Unternehmen mit einem Produktionsstandort in der Schweiz erhalten neben dem Zertifikat und dem Konformitätszeichen der Ugra auch das Label swissPSO® bzw. swissPSD® zur Nutzung verliehen. Damit wird der «Swissness»-Faktor kommunikativ und marketingwirksam zum Ausdruck gebracht. Das wesentliche Ziel der Zertifizierung aus Sicht der Zertifizierungsstelle Ugra ist die kontinuierliche Weiterentwicklung und Verbesserung der Produktionsabläufe in den Unternehmen. Wird dies erreicht, ist auch die Wettbewerbsfähigkeit der Druckereien gestärkt.

Die Zertifizierung der Ugra gilt, in der Normenterminologie ausgedrückt, als «Zertifizierung durch eine unabhängige, dritte Seite». Dies bedeutet, dass Beratung, Audit und Zertifizierung durch Stellen ausgeführt werden, die unbefangen und voneinander unabhängig sind. Als Zertifizierungsstelle nimmt die Ugra deshalb selber
keine Beratungsaufgaben wahr. Sie schult aber sogenannte «Ugra Certified Experts», welche für eine Beratung die notwendigen Kompetenzen mitbringen, das Ugra Zertifizierungssystem kennen und daher die Unternehmen optimal auf die Zertifizierung vorbereiten. Ihre Fähigkeiten müssen sie in regelmässigen Wiederholungskursen bestätigen. Das Audit im Unternehmen ist der wichtigste Bestandteil des Zertifizierungsprozesses und wird entsprechend von qualifizierten Mitarbeitern der Ugra oder den Ugra-autorisierten Partnern durchgeführt. Die Entscheidung, ob einem Unternehmen die Zertifizierung bestätigt wird, trifft die Zertifizierungsstelle der Ugra auf Basis des vorgelegten Audit-Berichtes. Dies bedeutet, dass zwischen Auditor und Zertifizierungsstelle eine Kompetenztrennung vorliegt. Durch eine Akkreditierung nach ISO/IEC 17025 beweist die Ugra zudem, dass ihr von
einer höheren Stelle bestätigt wird, Prüfergebnisse rückführbar zu ermitteln und auszuwerten. Die Akkreditierung führt die Schweizerische Akkreditierungsstelle (SAS) durch. Die SAS ist ihrerseits Mitglied der ILAC (International Laboratory Accreditation Cooperation). Über diese Mitgliedschaft ist sichergestellt, dass die Ugra als Prüfstelle auch international anerkannt ist.

Der Einstieg in die Zertifizierung nach swissPSD® erfolgt zweistufig:

  • ugraCert® Print Validation
  • ugraCert® swissPSD® Zertifizierung

Mit der ugraCert® Print Validation wird die farbgetreue Wiedergabe einer referenzierten Druckbedingung bestätigt. Sie dient als Einstieg und schnelle unabhängige Überprüfung, ob das Digitaldrucksystem des Anwenders die gesetzten Erwartungen erfüllt. Die Validierung kann in regelmässigen Abständen wiederholt werden, ist aber nicht mit einer Zertifizierung gleichzusetzen. Die 3-jährige swissPSD® Zertifizierung kann entweder einzeln oder als Kombizertifizierung mit der swissPSO® Zertifizierung erfolgen. Hier wird vorausgesetzt, dass sowohl die technischen als auch die betriebsorganisatorischen Abläufe standardisiert und dokumentiert sind und ein internes Qualitätsmanagementsystem aufgebaut wird. Sollte ein nach ISO 9001:2015 zertifiziertes Managementsystem bereits bestehen, so wird dieses anerkannt und es sind lediglich die spezifischen technischen Prozessabläufe ergänzend zu integrieren.

Die Ugra plant die Lancierung des Zertifizierungsangebotes swissPSD® voraussichtlich im 1. Quartal 2022. Die technische Dokumentation der Zertifizierungsprogramme wird entsprechend auf der Ugra Webseite ergänzt und aufgeschaltet.

WEITERE MELDUNGEN

TOP